So, dann sind wir in dieser Mini-Serie bereits bei der letzten Baustelle angelangt: es geht um die Mentalität. Theoretisch haben wir ein Team, das durch nichts erschüttert werden kann. Theoretisch. Warum passiert es dann trotzdem, dass wir in ein paar Spielen förmlich auseinander gefallen sind? Weil uns, nach der letzten Murks-Saison, dieses bestimmte Winner-Gen (noch) fehlt. Diese Mentalität, dass man dieses Spiel nun einfach gewinnt, egal wie der Spielverlauf ist oder der Schiri pfeift. Beheben wir diesen kleinen Fehler, dann sind alle Baustellen vorher ebenfalls bereits behoben.
Das Hauptproblem ist: Keiner vertraut dem Nebenspieler. Das ist nicht böse gemeint, das ist bei uns nach diversen Misserfolgen halt entstanden. Nehmen wir ein Beispiel: Stürmer A und Stürmer B laufen gegen nur einen Verteidiger des Gegners an. Normal ist: Stürmer A spielt instinktiv den richtig getimten Pass zu Stürmer B, der mit einem Onetimer den Ofen macht. Bei uns ist es so. Stürmer A schaut rüber zu Stürmer B. "Hach, der schiesst doch selten ein Tor der Stümer B" denkt Stürmer A. "Soll ich wohl selber schiessen?" denkt er weiter. "Hm, dann heisst es wieder ich sei ein Ego-Affe, ich passe wohl trotzdem besser zu ihm rüber, auch wenn es kein Tor gibt". Stürmer B denkt in in dieser Zeit 12 mal pro Sekunde "Spiel den Pass du Ego-Affe, nun spiel schon!". Das Resultat kennen wir: Stürmer A wird dann einen Schusspass machen, 1 Meter seitlich am Tor vorbei, aber ebenfalls 1 Meter vor dem Mitspieler vorbei. Das Volk wird "Ouuuu" schreien, es war ja fast eine Torchance. Ich habe das Gefühl, dass unsere Instinkte noch nicht da sind. Es wird zu viel studiert. Das sieht man ebenfalls bei den Backs an der blauen Linie. Oft gut freigespielt siehst Du förmlich wie die grauen Zellen zu rattern beginnen. Der Schuss, falls er dann kommt, ist dann meistens einen Sekundenbruchteil zu spät und spaltet dem gegnerischen forecheckenden Stürmer die Schoner.
In der Abwehr ist der gleiche Zustand. Feind A läuft gegen 2 von unseren Verteidigern an. Normal ist: Verteidiger A verlässt sich auf Verteidiger B. Der greift den Feind an. Verteidiger A weiss, dass der Stürmer dort nicht vorbei kommt und konzentriert sich im Slot sofort auf einen allfällig nachrückenden Feind. Wenn der andere Siech trotzdem überraschend zum Schuss kommt, fängt ihn Beppo. Bei uns ist es so: Verteidiger A hat Angst, dass Verteidiger B den Feind nicht stoppt. Da muss er was unternehmen und verlässt seinen Platz weil er doch dort helfen möchte. Doch halt, was ist wenn er schiesst? Wird Beppo ihn halten? Er muss auch noch das Tor abdecken. Resultat: Er steht im Schilf, der Slot ist frei, der nachrückende Feind wird angespielt und schreibt den Puck hocheckmässig rein.
Jetzt müssen immer mehr Spieler dieses Gen wieder eingeimpft kriegen. Jeder muss seinen Job erledigen, wie es ihm Lehrbuch eigentlich steht. Der Block muss auf dem Eis stehen und jeder kann sich auf den anderen verlassen. Für mich braucht es einfach noch das Ineinanderreifen der verschiedenen Komponenten. In Furzburg war ein leichter Aufwärtstrend auch in dieser Richtung zu sehen. Keine Kunstaktionen machen, keine Geniestreiche ausdenken, einfach die harte Arbeit machen und den Job schnörkellos mit Hilfe des Instinkts erledigen.
Damit ihr seht, dass ich Recht habe, hier noch eine kurze Anekdote: Ich war ja ein begnadet durchschnittlicher Eishockeytorhüter. Einmal durfte ich mit dem damaligen EHC Biembach ein Freundschaftsspiel bestreiten. In der 60. Minute, beim Stande von 5:4 für uns, gab es einen Penalty für den Gegner. Alle Augen ruhten auf mir. Würde ich den Sieg retten? Auch Hilde Brassental schaute zu, mein grösster Fan (habe nachher erst erfahren, dass sie quasi die Dorfmatratze war). Und ausgerechnet Walter Aschwanden lief an. Er, der stackstark war und mich verbal immer provoziert hat. Aber eben, ich hatte das Winner-Gen. Walter lief an, knallte an den Pfosten, der Abpraller ihm zurück ins Gesicht und die Nase war gebrochen. Fazit: Punkt gewonnen und Walter redet seit dem deutlich nasaler.
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