Google+ Hardboiled SCB: Offener Brief an einen möglichen Trainerkandidaten für nächste Saison

Montag, 8. Februar 2016

Offener Brief an einen möglichen Trainerkandidaten für nächste Saison

Lieber zukünftiger Trainer

Ich weiss, dass sie gerade das Video mit den besten Szenen des SC Bern Ausgabe 2015/16 gesehen haben. Sie sind sicher verwundert, dass das Video nur gerade 12 Sekunden gedauert hat. Nein, das ist kein Fehler unseres Schnittmeisters, es waren effektiv die 12 Sekunden, die man als gut bezeichnen kann. Deshalb sind wir ja auch auf der Suche nach einem kompetenten Fachmann wie Sie zweifellos einer sind.

Natürlich setzten sie bei uns ihren Ruf aufs Spiel. Sie können bei uns schon mal entlassen werden, obschon sie auf Rang 5 stehen und ein Jahr vorher Meister geworden sind. Allerdings glaube ich, dass wir nun endlich aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Wir brauchen einen sesshaften Hockeyfanatiker, der taktisch und menschlich auf der Höhe ist, unseren untrainierbaren Jungs zu zeigen, wo der Hammer hängt. Sicher werden sie auch erschrocken darüber sein, das manche Spieler fast so alt sind wie sie, lieber Herr Trainer. Aber auch das müsste für sie Motivation sein, hier endlich einen Neuaufbau zu wagen. Wir, die Fans, sind nach den letzten 3 Saison ungefähr so wenig verwöhnt wie wenn man 7 Wurzelbehandlungen ohne Narkose durchgezogen hätten. Und dazu noch eine Prostatauntersuchung mit einem Maiskolben hat.

Die Fans werden hinter ihnen stehen, wenn sie ihre Linie durchziehen und zeigen, dass Hockey auch in einer Umbruchphase attraktiv sein kann. Wir unterstützten sie geistig dabei, wenn sie unpopuläre Entscheide fällen und langjährige Teammitglieder auf die Tribüne setzten, weil sie den Anforderungen des schnellen Sports nicht mehr ganz gewachsen sind.  Klar, sie haben die Pfiffe nach diversen Heimpleiten gehört, aber ich kann ihnen versichern, dass das wirklich der pure Frust einer riesigen Fangemeinde ist. Ich selber kann mein Team niemals auspfeifen weil ich sonst ja mich selber auspfeife. Ich und tausende Fans lieben diesen Verein seit Jahrzehnten. Aber der Frust sitzt tiefer als ein Fieberzapfen, den man irrtümlich bis in den Magen raufgemurkst hat.

Ich fasse die 3 letzten Jahre kurz zusammen: Also, da wäre mal eine Katastrophen-Saison gewesen mit jämmerlichen Darbietungen, die dann schlussendlich in die Playouts führten. Danach wollte man die Liga rocken, das gelang irgendwie durch die Regular Season mit einem atemberaubend langweiligen Hockey. Aber immerhin kam man problemlos in die Playoffs, wo man allerdings im Halbfinale von Davos weggeklatscht wurde wie ein Glas Wasser. Und dann folgt jetzt eben diese Saison, es ist die schlechteste Saison ever die ich je gesehen habe. Sogar als wir abstiegen, 1982, war es besser als jetzt, weil wir da immerhin eine Zeitlang noch Hockey gespielt haben. Dieses Jahr vergeigen wir von bis jetzt 23 Heimspielen deren 12, vor der grössten Zuschauerkulisse von Europa. Vielleicht verstehen sie jetzt, dass der Frust fast nicht mehr zum Aushalten ist.

Sie werden in Bern eine wunderschöne Stadt finden, wenn sie ihre Arbeit wie ein Profi ausführen, wird sie jeder Einwohner lieben und verehren. Auch wenn es am Anfang nicht gleich nach Wunsch läuft, wir Berner haben mehr Geduld als ein Faultier das einen Panda aufreissen möchte. Sie haben hier aber eine einmalige Chance, aus einem Loser-Team wieder eine Spitzenmannschaft zu formen. Da unser Sportchef ungefähr so erfahren ist wie Menderes im Bett, werden sie transfermässig keine Börner zu erwarten haben. Sie müssen mit dem fast gleichen Kader von Heute einen Systemwechsel vornehmen, die Spieler stark machen. Der Erfolg lässt sich sehr schnell messen. Sie müssten mal 3 Spiele in Serie gewinnen, dann tätowieren wir bereits ihren Namen auf unsere Stirn.

Wenn sie auf Bern kommen, können sie sich eine Wohnung aussuchen, sie werden in der ersten Zeit wie üblich bei mir wohnen. Es wird ihnen und ihrer Familie bei mir und meiner Familie gefallen, da sie ja sicher auch auf Bier saufen, Heavy Metal hören und Xbox-spielen stehen. Und wir können sogar Ferienfilme anschauen, da ich schon in Finnland in den Ferien war. Obwohl sie ja vielleicht gar nicht aus Finnland kommen. Uha uha uha. Egal, sie werden hier gut verdienen, spielen vor dem tollsten Publikum der Welt und werden vom Eismeister Zaugg nach 12 Spielen bereits vom „Abstiegscoach“ zum „Bandengott“ und wieder zurück tituliert worden sein.  Egal, da muss man durch.

Also, lieber zukünftiger Trainer, ich würde nicht mehr lange überlegen, egal ob sie noch beschäftigt sind oder nicht. Ihr Herz muss langsam in Bern ankommen, wir brauchen nun wirklich einen Aufbruch und nicht nur das Gerede davon. Wir hier versuchen dafür, dem Fall in die NLB zu verhindern, denn wenn das passiert holen wir drum einen anderen Trainer, dann kann man diesen Brief zum Fribourger putzen brauchen.

Hochachtungsvoll


Tuni Hardboiled, die Seele, die Verdauung, das Hirn und die Potenz des Schlittschuclub Berns.

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