Google+ Hardboiled SCB: Wer Sparta Prag sagt, muss auch an Jiri Holecek denken

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Wer Sparta Prag sagt, muss auch an Jiri Holecek denken

Im Eishockey sind Torhüter für mich das furchtloseste Geschöpf auf dem Spielfeld. Ich weiss, dass auch die Feldspieler mutig und hart sind, aber der Goalie ist eine spezielle Rasse. Sie müssen diese mit zum Teil ohnmächtiger Wucht abgefeuerte schwarze Hartgummischeibe auf "Teufel komm raus" von ihrem Netz fern halten. Der kleinste Fehler macht sie zum Deppen. Die Rolle des Torwarts ist so wichtig, da er ein Spiel alleine gewinnen kann. Aber eben auch verlieren ... Grosse Torhüter hat es immer gegeben - Jungs, die jeden Gegner in jedem Spiel zur Verzweiflung bringen konnten, weil sie alles hielten, was auf das Tor zuflog. Von der Neuzeit muss ich da nicht viel erwähnen, das habt ihre alle ja dauernd vor Augen. Weil unser Gegner heute in der CHL Sparta Prag ist, möchte ich über den "Fakir" (war sein Spitzname, komisch zwar, nagelte er soviel umher??)  Jiri (da Tschechisch wird es "Hirschi" ausgesprochen) Holecek ("Holetchegg"). Er spielte von 1973 - 78 bei unserem heutigen Gegner und ist in der Tschechei eine Legende, fast so verreckt wie Tosiooooooo bei uns.

Holecek wechselte erst im Alter von 29 Jahren zu Slavia Prag, spielte dann aber noch 5 starke Jahre. Vorher war er bei 3 anderen Klubs unter Vertrag. Aufgefallen im Westen, da damals zwischen Ost und West noch dieser grauenhaft schwere gusseiserne Vorhang hing und man kaum was mitkriegte im Osten, ist der Holecek mit seinen Auftritten in der tschechischen Nationalmannschaft. Holecek spielte 12 Jahre für die Nationalmannschaft, er bildete mit Dzurilla ein Atomduo. Der Holecek fiel sofort auf. Da war erstens seine noch heute gefürchige Maske (s. Bild), die man heute nicht mal mehr beim Gageln tragen würde, weil die Verletzungsgefahr zu gross ist. Aber zu dieser Zeit war es Hightech, also lacht den Jiri nicht aus. Der Puck war gleich hart wie heute, klar, die Spieler hatten wegen den Holzstöcken noch nicht ganz den Hammer von heute, aber es kamen schon respektable Knaller auf das Tor. Ein Schädeltreffer führte trotz Maske meistens zu einer Platzwunde, Hirnerschütterung und Hängehoden.

Holecek war der mutigste Torhüter, den ich je gesehen habe. Die damaligen Weltmeisterschaften standen immer im Zeichen des Zweikampfs Sowjetunion gegen die Tschechoslowakei. Die Schweden und Finnen konnten den beiden Ostblöcklern das Wasser nicht wirklich reichen. Die Russen waren immer Favorit gegen die CSSR, hatten aber meistens das ganze Stadion gegen sich, da man die Politik damals in den Sport einfliessen liess. Niemand mochte sie, weil sie halt viele Völker (unter anderem eben auch die Tschechoslowakei) hemmungslos unterdrückten. Da war immer Brisanz auf dem Eis ohne Ende. Trotzdem eroberte die CSSR 1972, 1976 und 1977 den Weltmeistertitel. Weil die Russen an Holecek scheiterten wie die Gegner im Moment an unserem Leo. Absolut unglaublich, was dieser Torhüter gegen die mit Abstand weltbeste Nationalmannschaft aus der UdSSR hielt (Kanada und USA waren damals ausgeschlossen, da sie Profistatus hatten und vom Welthockeyverband gesperrt wurden, so kindische Scheisse gab es damals!). Holecek war ein Held für die ganze Nation, wurde 5 Mal als bester Torhüter eines WM-Turniers gewählt, obschon mit Wladislaw Tretjak ("der Mann mit den 1'000 Händen) auf russischer Seite ebenfalls einer der besten Torhüter aller Zeiten im Knarst stand.

Holecek, der seine Karriere von 1978 - 1981 in der zweiten (!) deutschen Liga (München, Essen) ausklingen liess, steht noch auf beiden Beinen. Wenn ich ihn heute im Stadion per Zufall sehen würde, glaubt mir, ich würde meine Lippen auf seine pressen. Er war unter den Männern, die mir die Faszination Eishockey so richtig vor Augen geführt haben.


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